Mentale Gesundheit ist entscheidend für erfolgreiches Lernen und ein selbstbestimmtes Leben. In El Salvador, einem Land mit einer jahrzehntelangen Geschichte von Krieg, Gewalt, Vertreibung und wirtschaftlicher Not, wachsen viele Kinder und Jugendliche in äusserst herausfordernden Verhältnissen auf. Dies beinträchtigt nicht nur ihr Wohlbefinden, sondern auch ihre Fähigkeit, sich auf die Schule oder das Studium zu konzentrieren und damit ihre Bildungs- und Lebensziele zu realisieren.
Eine Studie des salvadorianischen Gesundheitsministeriums kommt zum Schluss, dass mehr als 40 % der Kinder im Grundschulalter ein auffällig hyperaktives Verhalten aufweisen und etwa ein Viertel an Angststörungen leidet. Zugleich zeigen diverse Studien, dass Interventionen im Bereich der mentalen Gesundheit das Wohlbefinden, den Lernerfolg und die Zukunftsperspektiven von Kindern und Jugendlichen erheblich verbessern können.
Hier setzt neu auch Consciente an. Während in unserem Programm für Bildungsinnovation über 2’500 Kinder und Jugendliche von Workshops zu Themen wie Selbstbewusstsein, sozialen Beziehungen, Problemlösung und Gewaltprävention profitieren, begleitet unsere Psychologin Karla unsere Stipendiat:innen durch ihr Studium. Nicht zuletzt wird im Programm für Nachhaltigkeitsbildung ein neues Projekt zur Förderung der psychischen Gesundheit von Frauen entwickelt.
Psychische Gesundheit an Schulen im Programm für Bildungsinnovation
Jeremías Cruz, Psychologe im Programm für Bildungsinnovation, bei einem Kurs über psychische Gesundheit für angehende Lehrkräfte
Unser Programm für Bildungsinnovation hat zum Ziel, die Bildungsqualität an den lokalen Primarschulen zu verbessern. Von den fast 5’000 Workshops und Kursen, die zusätzlich zum regulären Unterricht angeboten werden, können breite Kreise von Kindern und Jugendlichen in der ganzen Region profitieren. Das Team um Alonzo Solís verfolgt die Vision, neben den Mathematik-, Lese- und Schreibkompetenzen auch die psychische Gesundheit der Kinder zu verbessern. Sie ist die Voraussetzung des Lernens schlechthin und deshalb ein besonderer Fokus bei der Arbeit mit den Primarschüler:innen.
Dazu wurden durch den Psychologen Jeremías Cruz zweistündige thematische Module für Schüler:innen im Alter von 9 bis 12 Jahren sowie für Schüler:innen im Alter von 13 bis 17 Jahren konzipiert, in denen sich die Kinder und Jugendlichen zu Themen wie Selbstwahrnehmung oder die Prävention sexualisierter Gewalt informieren und austauschen können. Während der Workshops werden durch psychologische Fachkräfte partizipative und reflektierende Aktivitäten durchgeführt. Dank dieser wertvollen Arbeit können sich 2024 rund 2’500 Kinder und Teenager sowie deren Eltern und Lehrkräfte mit diesen Themen auseinandersetzen. Auch in die Lehrpersonenweiterbildungen soll das Thema der psychischen Gesundheit und seine Bedeutung für erfolgreiches Lernen künftig integriert werden.
Umfassende psychische Betreuung im Stipendienprogramm
Auch in den anderen Programmen gewinnt das Thema der psychischen Gesundheit zunehmend an Bedeutung. So etwa im Stipendienprogramm, wo Consciente über hundert mittellosen Jugendlichen den Zugang zu einer Berufsausbildung ermöglicht. Die finanzielle Unterstützung war seit jeher nur ein Teil der umfassenden Betreuung durch Consciente. Neben gezielten Weiterbildungen und dem sozialen Engagement ist in den letzten Jahren auch die psychische Gesundheit der Jugendlichen in den Fokus gerückt – nicht zuletzt deshalb, weil sie eine wichtige Voraussetzung für den Bildungserfolg darstellt.
Die Psychologin Karla Herrera bei einem Workshop über psychische Gesundheit
Unsere Psychologin im Stipendienprogramm, Karla Herrera, verfolgt dabei drei Stossrichtungen. Zum einen eruiert sie regelmässig die individuelle psychische Verfassung sämtlicher Stipendiat:innen und führt je nach Bedarf lösungsorientierte Therapiegespräche durch. Darüber hinaus ist Karla an der Planung von Workshops zur psychischen Gesundheit beteiligt. Im Kurs über Strategien der Selbstfürsorge beispielsweise geht es um die Vermittlung praktischer Instrumente zur wirksamen Bewältigung von Ängsten im Alltag sowie die Stärkung des Selbstwerts. Damit wird die emotionale und psychische Gesundheit der Stipendiat:innen gezielt gefördert.
In Zusammenarbeit mit Claudia Rederer (Freiwilligeneinsatz Morazán Okt 23- März 24) arbeitet Karla schliesslich an einem Konzept zum Thema “Umgang mit Traumata”. Dadurch sollen die Stipendiat:innen für die Existenz von Traumata sensibilisiert und entsprechende Hilfestellung geboten werden. Der Fokus liegt auch hier auf der emotionalen und körperlichen Selbstfürsorge.
Pilotprojekt im Programm für Nachhaltigkeitsbildung
Unter der Leitung von Gilberto Argueta wird im Programm für Nachhaltigkeitsbildung zurzeit ein Projekt entwickelt, das gezielt die psychische Gesundheit von Frauen in Morazán stärken soll. Der grosse Bedarf für ein solches Angebot bestätigte sich erst kürzlich bei einem entsprechenden Consciente-Workshop für Frauen, der auf sehr grosses Interesse stiess. Spezifische Schulungen sollen das Erkennen von Stressfaktoren und psychischen Belastungen erleichtern sowie die Vermittlung von einfachen Werkzeugen und Ressourcen zum Umgang damit ermöglichen. Die Inhalte werden durch Workshops, Unterstützungsgruppen und audiovisuelle Informationsplattformen vermittelt.
Die Psychologin Claudia Rederer vermittelt Entspannungstechniken in einer Frauengruppe
Zudem ist eine Sensibilisierungskampagne geplant, die zur Heilung der Wunden des Bürgerkriegs beitragen soll, den El Salvador in den 80er-Jahren durchlebt hat. Das Pilotprojekt sowie die Sensibilisierungskampagne werden zurzeit von einer Projektgruppe in Morazán unter Leitung von Rosendo Hernandez, dem Geschäftsführer von Consciente El Salvador, und Claudia Rederer (Freiwilligeneinsatz Morazán Okt 23- März 24) entwickelt und stehen in der letzten Planungsphase. Die Umsetzung und anschliessende Auswertung sind für 2025 geplant.
Mit diesem Themenschwerpunkt möchten wir die bestehenden Kursangebote weiterentwickeln und dabei gezielt auch Gender-Aspekten Raum geben. Dies ist umso wichtiger, als die Vermittlung von Gender-Themen durch politische Vorgaben landesweit eingeschränkt wurde. Durch die neue inhaltliche Ausrichtung hoffen wir, den aktuellen Herausforderungen zu begegnen und Frauen und Mädchen in Morazán weiterhin gezielt zu fördern.